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CD 68.850 |
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Sie beginnen ein Leben im aristokratischen Porto, und Misia, oder besser Susana Maria, wird geboren. Sie hat sich gerade zu halten in ihrer blauen Marineuniform und soll schön still sein, wie es sich für ein braves Mädchen in einem hochherrschaftlichen Haus gehört. Aber dann läuft sie durch die Straßen des reichen Viertels und verschwindet in den warmen und duftenden Gemächern ihrer Großmutter Lolita, die ihr mit filterloser Zigarette in der Hand von ihrer abenteuerlichen Jugend als Bohemien erzählt So beginnt das Erwachen der Sinne, der Ruf der Scheinwerfer und Kulissen des Theaters. Misia träumt von dem edlen Ritter, der sie aus den Klauen des Monsters befreit, einer Angst erregenden Kreatur, geboren aus dem Gefühl der Verlassenheit. Denn nach der Scheidung der Eltern ist die Mutter oft nicht da, sie tanzt, arbeitet und lebt ihr eigenes Leben. Das kleine Mädchen Susana entflieht in verbotene Lektüre, eingehüllt in alte Bühnenkostüme und fortgerissen von den Klängen des Fado, der aus den Fenstern steigt und durch die Gassen zieht. So kann sie für die Dauer eines Liedes entfliehen und die Leere ertragen, die ihr weit entfernter Vater hinterlassen hat
Das unreduzierbar Geheimnisvolle an Misia - die Essenz von Wildblumen, die Linie der Formen, die transzendente Spiritualität, die Weisheit der Dichter, die Reise in den Büchern, die Verzauberung und der Sinn für das Wirkliche - ist verankert in der Geschichte ihres inneren und gefühlsmäßigen Exils, das eines Tages sogar zur realen Entfernung zum Heimatland wird. Mit 20 Jahren bricht sie auf nach Barcelona, um ihre Großmutter wiederzutreffen. Dort ergreift sie Besitz von allen möglichen unterschiedlichen Bühnen, Misia formt ihre Stimme wie ihr Leben, ohne Netz, voller Kraft, Mut und Humor. Sehr früh schon wollte sie Sängerin werden, und sie ist diesem Wunsch gefolgt, entgegen den Warnungen ihrer Mutter und den Ängsten ihrer Großmutter und trotz der Prüfungen, der Armut und der schlaflosen Nächte. In Madrid, wo der Wind die Reste des Franco-Regimes aus den Straßen fegt, findet Misia zu sich selbst. Misia lebt mindestens in zwei Ländern, sie nennt mehrere Sprachen ihr eigen und viele Gesichter. Sie ist Nomadin und zugleich sehr häuslich. Ihr Haus, ihr Schutz sind in ihr und so kann sie fortziehen und sich niederlassen, wo das Künstlerleben sie hinführt. Da sind die heimeligen Wohnungen, wie die ihrer Großmutter, dieses Durcheinander aus Büchern und in Seide eingeschlagenen Tagebüchern, und da gibt es zartgrüne Wände, von denen einen die Gemälde befreundeter Maler ins Auge springen, wenn man ihre Wohnung in Lissabon betritt.
In jedem Moment ihres Lebens probiert Misia etwas Neues aus, ohne Bedauern und ohne nostalgische Trauer um eine flüchtige Vergangenheit. Sie weicht weder vor Hindernissen noch vor dem "gesunden Menschverstand" zurück. Sie weiß, dass das Leben eine zartes und sehr feines Ding ist, das nichts mit dem faden und verlogenen Glück zu tun hat, nach dem unsere Konsumgesellschaft zu streben scheint. Der Tod gehört zum Leben, Leidenschaft vernichtet und Liebe enttäuscht. Sie weiß, dass es so ist, deshalb singt sie so nah wie möglich an der Emotion; mit Hingabe und Strenge arbeitet sie an ihrem Körper, ihrer Seele Nur die Stimme einer Frau, die in ihrem Körper vom Schicksal geschlagene Wunden trägt, kann Liebe und Leidenschaft hörbar machen. Eine liebende Frau, souverän und klar, unbezähmbar und immer begehrt, frei Eine Frau, die wachend träumt. In der engen und starren Wirklichkeit des Alltags begegnen und malträtieren sich die Welt der Männer und die der Frauen ohne Hoffnung sich jemals zu verstehen. In der von Misia besungenen Nacht wird die wundersame Verschmelzung von Mann und Frau möglich, lebbar Ihre Texte erzählen von leidenschaftlichen Begegnungen, von mächtiger Sehnsucht, von Vergangenheit, die nicht vergeht, von Verrat, Verzückung, von Zerrissenheit. In allen ihren Liedern steckt eine politische Ethik der Freiheit, der Toleranz, der Freude, eine Ethik des Lebens gegen den Tod. "Ich möchte vom Leben erzählen, von seinem Leid und seiner Größe." Misia geht über die Routine der eintönigen, abgekapselten Tage hinaus, sie lädt uns ein zu einer Reise durch die Gefühle, zu lachen und zu weinen, so wie sie es jeden Tag tut.
Dennoch wagt sie sich weiterhin auf unbekannte Wege ohne dabei ihre Linie zu verlieren. Heute, in ihrerDrama Box, zerstört Misia die Grenzen des musikalischen Genres, sie eignet sich den Tango und den Bolero an, um sie uns anders zu Gehör zu bringen. Misia ist sich selbst und ihrer eigenen inneren Bewegung treu, und sie geht erneut auf die Reise, auf eigene Gefahr, zwischen hier und anderswo - ohne Heimathafen und mit dem nie endenden Begehren nach dem Anderen und der Welt. Carmen Castillo Pressestimmen zu Misia - Drama Box:
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