Nouvelles Seychelles

Nouvelles Seychelles - New Beats from Paradise. Zum ersten Mal erscheint in Deutschland ein Album mit Musik der Seychellen Inseln - speziell für diese Anthologie aufgenommen.

Various Artists - Nouvelles Seychelles. New beats from paradiseDie Seychellen: Benannt nach einem französischen Finanzbeamten, lässt heute allein der Klang dieses Namens vor dem inneren Auge Bilder von Palmen und Stränden mit sanfter Brandung entstehen...

Das Archipel aus 115 Inseln, von denen lediglich 20 Stück bewohnt sind, liegt irgendwo draussen im Indischen Ozean 950 Kilometer nördlich von Madagaskar.

Abseits der grossen Schiffahrtsrouten mitten im scheinbar endlosen Meer, hat sich hier offenbar ein kleines Paradies mit touristischen Traumdaten von 28 Grad jährlichem Temperaturmittel und meist menschenleeren Sandstränden erhalten.

Landessprache ist heute neben den Kreol sowohl Englisch als auch Französisch. Der grosse kulturelle Reichtum der Seychellen zeigt sich besonders eindrucksvoll in der Musik und den Tänzen, die Elemente aus den drei Bereiche Europa, Afrika und Indischer Ozean miteinander verbinden. Ähnlich wie in anderen ehemaligen französischen Kolonien im karibischen und afrikanischen Raum teilt sich die Musikkultur der Seychellen auch in drei grobe Bereiche auf. Afrikanisches Erbe, europäische Musik, moderne Popmusik.

Moutia ist ein Tanz, der sich stark auf das afrikanische Erbe der ehemaligen Sklaven bezieht und in der Kolonialzeit offiziell verboten war, da er angeblich zu freizügig war. Der Tanz wird behahmung westlicher Popklassiker reduziert. Um dem entgegenzuwirken, hat Ralph Amesbury gemeinsam mit seinen Kollegen Patrick Victor und Joe Samy 1998 das Projekt Akoustik Café ins Leben gerufen. Die drei Musiker präsentierten als Solo oder Trio ihre eigenen Kompositionen in Kreol, begleitet von akustischer Gitarre und vier weiteren Instrumentalisten. Das Konzert wurde aufgrund der grossen Publikumsnachfrage wiederholt. Es gab allen Beteiligten die Gewißheit, dass die Musikkultur der Seychellen sehr viel mehr zu bieten hat als Coverversionen ausländischer Musik.

David André zum Beispiel, der Komponist der Nationalhymne der Seychellen, ist ebenfalls Musikwissenschaftler und arbeitet in der Musikschule von Viktoria an der Dokumentation des Werkes des bedeutenden traditionellen Musikers Ton Pa. Andere wie der Akkordeonist John Vital oder die Sängerin Jenny Letourdie konzentrgleitet vom Spiel der Trommeln und von Gesängen, die das Alltagsleben und die Unterdrückung der Sklaven beschreiben. Heutzutage findet man diese Tänze nur noch vereinzelt im Rahmen folkloristischer Veranstaltungen.

Im 18. Jahrhundert erreichten im Zuge der europäischen Kolonialisierung auch die
jeweiligen Modetänze die Kolonien. Contredanse, Walzer und Scottish Dance (Schottisch) wurden von den Einwohnern der Seychellen aufgenommen und im Laufe der Zeit als Kamtolés variiert. Es finden in den Dörfern regelmässige Tanz-wettbewerbe statt mit Tänzen für bis zu 12 Paare.So haben sich auf den Seychellen Musikformen erhalten, die in Europa längst als veraltet gelten. Kamtolés sind heute noch ein sehr beliebter Teil der alltäglichen
Kultur der Landbevölkerung. Die Gruppe Misisyen Latroup Kiltirel Nasyonnal Sesel stellt die Kamtolés auf ihrer CD in anschaulicher Weise dar. Miglieder der Gruppe sind unter anderem Jean Marc Volcy, David André und Jenny Letourdie, die mit zur Wiederbelebung der alten Kamtolés beigetragen haben.

Die bedeutendste Musikform ist jedoch der Sega, den man in ähnlicher Form auch auf anderen Inseln im Indischen Ozean finden kann. Das Album 'Gou Kréol' bietet einen Querschnitt der aktuellen Entwicklungen im Bereich des Sega. Der treibende Rhythmus und der ausgesprochen lebendige Tanz erinnern an Zouk und Reggae und unterscheidet sich doch sehr deutlich von Ihnen. Der Rhythmus ist weniger glatt und kommt ein wenig schleppend daher.

Auch in dieser sehr pop-orientierten Musik finden sich die Einflüsse der europäischen Musik des 18. Jahrhunderts in sehr versteckter Form wieder. Diese Musik inspiriert alle wichtigen Musiker der Seychellen. Dies gilt sowohl für Patrick Victor, dessen Texte sehr poetisch das Leben in der Hauptstadt Mahé schildern, als auch für Jean Marc Volcy, der als Musikwissenschaftler mit dazu beigetragen hat, dass auch die traditionelle Musik der Inseln im zeitgenössischen Repertoire überlebt hat. Beide haben erst kürzlich erfolgreiche Solo CDs veröffentlicht.

Der Sega auf den Seychellen ist sehr vom jamaikanischen Reggae beeinflusst. Golty Farabeau, der als Bassist zahlreiche Musiker der Seychellen begleitet hat, nennt diese Musik darum auch Seggae. In seinen eigenen Stücken betont er besonders den rebellischen Charakter des Reggae und fordert die Menschen dazu auf, mehr zu ihrer eigenen Identität zu stehen.

Wenn man bedenkt, daß die Zahl der Einwohner der Seychellen die einer deutschen Mittelstadt wie Marburg nicht überschreitet, wird klar, welche ökonomischen Grenzen einer Künstler-Karriere im Bereich Schallplatten/CD, Konzert und Tournee gesetzt sind. Der zur Zeit in diesem Sinne wohl erfolgreichste Musiker des Inselreichs ist Ralph Amesbury, der auch als einziger Musiker über eine eigene Website verfügt. Er hat bereits mehrere CDs veröffentlicht von denen offiziell rund 5000 Stück pro Titel verkauft wurden. Das stellt für die Seychellen schon einen kleinen Rekord da, besonders wenn man bedenkt, dass obendrein die Raubkopierquote bei circa 70 % liegt. Ralf kombiniert sehr eingängige Sega-Melodien mit seiner eindrucksvollen Stimme und virtuosem Gitarrenspiel zu einem Produkt, vom dem er als einer der wenigen Musiker des Archipels leben kann.

Die meisten Musiker müssen sich jedoch damit zufrieden geben, das sie lediglich eine Anstellung als Hotelmusiker zu finden. Dort spielen sie europäisches Standard-Pop-Repertoire vor Touristen aus Deutschland, Frankreich, England und Südafrika. Kreolische Texte und eigene Kompositionen sind dabei nicht gefragt.

Die Kreativität der kreolischen Musiker ist somit auf die möglichst gekonnte N acieren sich in ihren Liedern auf eine bewusste Verknüpfung der kreolischen Tradition mit modernen Sounds ohne dabei im Einheitsbrei der vollelektronisierten und kommerzialisierten tropischen Tanzmusik zu versinken. Auffallend bei allen Liedern dieser bisher einmaligen Zusammenstellung ist die geschickte Gratwanderung bei der Verwendung sowohl akustischer Instrumente wie Gitarre, Akkordeon und Geige als auch des klassischen Popinstrumentariums Gitarre, Bass, Drums. Die afro-indischen Rhythmen des Sega gepaart mit zum Teil sehr
europäischen Melodielinien machen diese Musik für uns Europäer so ansprechend.

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