Bossa Cabana
50 Years Of Eternal Music

CD 68.854  

  
Compilation zum fünfzigsten Jubiläum der Bossa Nova.

Roberto MenescalDie meisten Interpreten auf Bossa Cabana haben die heiße Phase der Bossa Nova in Rio selbst mitgestaltet oder miterlebt. Allen voran ist der Gitarrist und Komponist Roberto Menescal (geb. 1937) zu nennen, der damals zusammen mit Carlos Lyra Leiter einer Musikschule war, dann Bossa Nova-Gitarrist der ersten Stunde, später viele Jahre Produktionschef der brasilianischen Plattenfirma Polygram und heute wieder aktiver ist denn je. Sein Name ist mit den meisten Biografien der auf diesem Album präsentierten Künstlerinnen und Künstler verbunden.

Roberto Menescal begleitet auf diesem Album zwei Generationen von Sängerinnen: Zum einen Wanda Sá, die nach langer Ehe mit Edu Lobo ihre Karriere aus Bossa Nova-Tagen fortsetzt und nun mit Menescal in Konzerten aufritt. Und zum anderen Cris Delanno aus der jungen Generation, die schon früh im Kinderchor des Teatro Municipal in Rio sang, einige Zeit mit einem Gospel-Chor in den USA tourte und ihr erstes Album ihrem Produzenten Roberto Menescal verdankt. Nebenbei ist sie als Autorin eines Buches über Gesangstechniken bekannt. Ihr Lied auf unserem Album (Estrada do Sol, # 4) ist eine jener Vor-Bossa-Novas von Jobim. Sie entstand 1957 mit dem Text von Dolores Duran.

Roberto Menescalernal MusicMarcela Mangabeira kam aus Recife über Mato Grosso bereits mit dem Ruf, eine große Nachwuchsentdeckung zu sein, nach Rio. Marcio Menescal, Robertos Sohn, nahm sie gleich auf die erste Europatournee seiner Bossacucanova-Gruppe mit. Seither ist sie als festes Mitglied dabei. Mit Corcovado (# 9) aus dem Jahr 1960 singt Marcela Mangabeira Träumereien von Tom & Vinicius beim Anblick der nächtlich erleuchteten Christusfigur hoch über Rio de Janeiro.

Claudia Telles (geb. 1957) ist ein Kind der Südzone Rios und Tochter einer berühmten Mutter, jener Sylvia Telles, die zu Bossa Nova-Zeiten unbestrittene Königin dieser neuen Lieder war. Die Karriere schien ihr wichtiger, Claudia landete bei den Großeltern. Kurz nach Sylvias Europatournee mit dem Festival ‚Folklore e Bossa Nova do Brasil’ kam sie bei einem Autounfall 1966 ums Leben. Claudia Telles war damals 9 Jahre alt, ihre Mutter 31. Bis heute widmet Claudia, die früh als Backvocalsängerin vieler Stars der MPB ihre Karriere begonnen hatte, dem Gedächtnis an ihre Mutter breiten Raum. 1977 nahm sie zum ersten Mal mit Dind’ (# 8) den größten Erfolg Sylvias auf. Eine zweite Aufnahme erschien 1997 auf einem Album, das sie ganz ihrer Mutter widmete.

Maria Creuza (geb. 1944) ist eine Ikone der modernen Música Popular Brasileira. Sie ist eigentlich Bahianerin, wo sie die Bossa Nova-Zeit als lokale Radiosängerin erlebte, bis sie als Ehefrau von Antonio Carlos (Teil des Duos Antonio Carlos & Jocafi) nach Rio kam und Mitglied der Nach-Bossa-Nova-Szenerie wurde. Für viele Brasilienfans ist ihre Aufnahme mit Vinicius und Toquinho des Konzerts in der ‚La Fusa’ in Buenos Aires unvergesslich.

Roberto Menescalernal MusicMarcos Valle (geb.1943) war zusammen mit seinem Bruder Paul Sergio Valle ein bekanntes Autorengespann der zweiten Welle von Bossa Nova-Schöpfern. Walter Wanderley machte 1965 ihren Samba de Verao (# 11) in den USA sehr populär. Vor einigen Jahren wurden seine neu gemasterten Aufnahmen und Remixes als ‚Drum’n Bossa’ plötzlich Kult in europäischen Clubs.

Pery Ribero (geb. 1937) ist der Sohn des großen Komponisten Herivelto Martins und der Sängerin Dalva de Oliveira. 1959 war er noch Kameramann beim Fernsehen, ab 1960 hatte er einen Single-Erfolg nach dem anderen: ‚Manha de Carnaval’ (der Film Orfeu Negro war 1959 herausgekommen), ‚O Barquinho’ u.a. Bossa na praia (# 14) schrieb er 1963, kurz bevor er als erster die ‚Garota de Ipanema’ vorstellte und Jobim mit Samba do Aviao (# 3) seine Glücksgefühle beim Anflug auf und der Rückkehr nach Rio de Janeiro musikalisch umgesetzt hatte. 1966 gründete Perry Ribeiro mit Sergio Mendes die Gruppe Bossa Rio.

Danilo Caymmi (geb.1948 in Rio) ist der jüngste Sohn des großen bahianischen Volkssängers Dorival Caymmi und wie sein Bruder Dori seit Jahrzehnten Teil der Szene. Silvio Cesar hat ebenfalls seit den sechziger Jahren mit vielen erfolgreichen Kompositionen an der Erneuerung des städtischen Samba mitgewirkt. Tito Madi (geb.1929 im Staat Sao Paulo) schließlich hat schon vor der Bossa Nova erfolgreiche Lieder geschrieben. Einige davon (z.B. ‚It’s Rraining Outside’) haben die Platters mit Della Reese in den USA aufgenommen. Tito Madi war am Anfang noch dabei, wenn sich die Clique mit Jobim, Vinicius, Lyra und Menescal im Apartment der als Bossa Nova-Muse betitelten und leider früh verstorbenen Nara Leao trafen, um an ihrer neuen Musik zu werkeln. Das Apartment befand sich an der Avenida Atlantica an der Copacabana, wo 50 Jahre zuvor wohl die letzten Opossums und Gürteltiere das Weite gesucht hatten - vielleicht sind sie ja an den Titicaca-See geflüchtet.

CLAUS SCHREINER

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