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Cesaria Evora kennt viele brasilianische Lieder aus den 40er und 50er Jahren, die sie gemeinsam mit karibischen Klassikern wie "Besame Mucho" und "Maria Elena" in den Bars und Salons von Mindelo als junges Mädchen für ein paar Pfennige zum Besten gab. Die 14 neuen Stücke auf "Café Atlantico" sind Cesaria Evoras Heimatstadt Mindelo auf der Kapverden Insel São Vicente gewidmet. Sie lassen die goldene Zeit dieses einst sichersten Hafens zwischen Gibraltar und dem Kap der Guten Hoffnung wieder lebendig werden. Seit fünf Jahrhunderten treffen sich dort die Seeleute aus Portugal, Argentinien, Brasilien und der Karibik. Noch um die Jahrhundertwende war der kleine Ort Mindelo ein Schmelztiegel der Kulturen zwischen den Kontinenten. Der Hafen war voller Schiffe, und die Seeleute wollten unterhalten werden auf ihren Landgängen - mit Musik, Frauen und Essen. In den Hafenkneipen entstanden die sehnsuchtsvolle Morna und die lebhafte Coladeira, Cesarias Musik. Wirtschaftlich ging es Mindelo hervorragend, bis die großen Schiffe Mitte dieses Jahrhunderts den kleinen Hafen mitten im Atlantik nicht mehr als Zwischenstop anliefen und der Ort langsam vereinsamte. Mindelo ist Cesaria Evoras Café Atlantico, die ganze Stadt ist eine verwaiste Hafenkneipe, die noch immer unter dem rotbraunen Staub der Jahrzehnte ihren alten Glanz erahnen lässt. Von hier aus verließen viele junge Kapverdianer ihr Heimatland und gingen auf Arbeitssuche in Portugal, Holland und den USA. Wenn sie zurückkehren in ihren Ort mit den maroden Kolonialbauten der Portugiesen, den zerbröckelnden Quais der Hafenanlagen, dann spüren sie die Trostlosigkeit eines Archipels ohne Regen und Arbeit, voller Staub und Sonne. Und sie spüren ihre Wurzeln, ihre Heimat, die heute vergleichsweise ein Paradies ist. Während in Angola und vielen anderen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent noch Jahrzehnte nach dem Ende der Kolonialherrschaft blutige Bürgerkriege mit Hilfe westlicher Waffenlieferungen und Söldnerarmeen weitergeführt werden, herrscht auf den Kapverden ein Klima des sozialen Friedens. Der Atlantik isoliert und schützt gleichzeitig die Inseln, die zwar arm, aber in Frieden leben - ein hohes Gut am Beginn des 21. Jahrhunderts. Diesen Frieden vermittelt auch die Stimme von Cesaria Evora. Ihr langjähriger Produzent und "Entdecker", der in Paris lebende Kapverdianer José da Silva, hat dazu den alten akustischen Sound der Pianos und Cavaquinhos aus den Bars von Mindelo in den Alben von Cesaria Evora wiederbelebt. Während heute in den Bars auf den Kapverden die Keyboards und Drum-Computer das Nachtleben musikalisch untermalen, bringt "Café Atlantico" alte Klassiker aus Cesarias Jugend wie "Terezinha" (14) und "Vaquinha Mansa" (2) zu neuem Glanz. Die Stücke stammen von Cesarias Lieblingskomponisten Manuel de Novas, Teofilo Chantré, Pedro Rodriguez, B.Leza, Ti Goy, und erstmals sind auch Werke von Gerard Mendes und Daniel Spencer zu hören. Zwei Wochen lang trafen sich Cesaria Evora und ihre Musiker in einem Haus am Rande von Paris und spielten als säßen sie in ihrem "Café Atlantico". Mit vierzehn einstudierten Stücken gingen sie danach in ein Studio in Südfrankreich und in 20 weiteren Tagen enstand das Fundament von "Café Atlantico". Die mittlerweile weltberühmte Kombination von Cesarias Stimme mit dem Klang von Gitarre, Cavaquinho und Piano wurde anschließend in einigen Stücken durch die brasilianischen Arrangements von Jaques Morelenbaum ergänzt. Kubanische Musiker veredelten in Havanna unter seiner Leitung fünf Stücke des Albums mit romantischen Streichern und leichten Bläsersätzen (3,5,6,8,10). Auch Cesaria Evora kam für eine Woche nach Kuba, und nach anfänglicher Scheu kam es zu ausgelassenen Sessions mit den kubanischen Musikern. Hier nahm sie ihre "Maria Elena" (12) auf - ein idealer Ort für diesen Klassiker. Der Flötist Orlando Valle machte aus "Beijo di Longe" (9) einen Danzón und die Musiker aus Havanna sangen die Backvocals in kapverdischem Kreol-Dialekt. Die Geige von Lazaro Dagoberto Gonzalez vom Orchesta Aragon verlieh zwei Mornas kubanisches Flair (1,11). Die Klänge Westafrikas und Brasiliens ziehen sich auch durch einige der Stücke
der neuen Produktion: So ist der Einfluss Brasiliens in der Musik der Kapverden präsent, aber nicht dominierend. Die Karnevalsmusik der Inseln ist
ganz anders als der Samba von Rio. In "Carnaval de São Vicente"
(6) zeigen dies zwei der bedeutendsten Perkussionisten der Kapverden. Ihr Spiel
wird ergänzt durch die Bläser und Streicher unter Leitung von Jaques
Morelenbaum. Mit "Desilusão dum Amdjer" (7) erweitert Cesaria
Evora ihr musikalisches Spektrum um ein weiteres Element. Die zarten Klänge
der westafrikanischen Kora geben diesem Lied, daß von den Schmerzen einer
verletzten Frau handelt und viel Biographisches aus Cesarias Leben enthält,
einen eigenen Klang, der daran erinnert wie nah die Küste "Café Atlantico" ist der Ort an dem Cesaria Evora noch immer lebt, auch wenn die Kneipe verstaubt, ein bißchen verlassen ist und am Ende der Welt liegt. Hauptsache, sie ist umgeben von ihren kapverdischen Landsleuten, ihren Musiker und Freunden. Hier tritt sie aus ihrer fast kindlich wirkenden Scheu heraus und wandelt sich binnen Sekunden zu einem Bündel purer Lebensfreude. Ein Zucken ihrer Schultern im Rhythmus der Coladeiras und ein Schauern geht durch den Raum, das so schnell verschwindet wie es gekommen ist. Cesaria ist immer in Mindelo, auch wenn sie auf Konzerten rund um die Welt reist und in den Hotelzimmern von Paris, London oder Berlin ihre Koffer auf und zuklappt. Cesaria Evora kann ohne ihr Mindelo nicht leben, sie trägt es in ihrem Herzen und verteilt seinen Charme jeden Abend von neuem in ihren Liedern. Alexander Trofimow
Aktuelles Album: Aktuelle DVD: Weitere Titel von Cesaria Evora bei Tropical Music:
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